Bürgergeld für Studierende

Wann haben Studierende Anspruch auf Bürgergeld? (ausführliche gesetzliche Herleitung)

In der Regel haben Studierende keinen Anspruch

"Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts."
(§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II, Stand: 1.8.2016)

Dies zu interpretieren, ist nicht so einfach wie es scheint und bedarf eingehenderer Analyse:

Zweck der Gesetzesformulierung

Die oben zitierte Passage aus dem SGB II war bereits in Zeiten der alten Sozialhilfe das zentrale Abwehrargument gegen Antrag stellende Studierende. Hiermit soll der Absicht des Gesetzgebers Rechnung getragen werden, das BAföG mit all seinen Ablehnungsgründen voll zur Geltung zu bringen: Wer keine Leistungen nach dem BAföG erhält, weil sie/er zu alt ist, die Fachrichtung zu spät gewechselt hat oder den Leistungsnachweis nach dem Ende des 4. Semesters nicht erbringen konnte, soll auch nicht über den Umweg "Jobcenter" zu einer Studienfinanzierung kommen. Wenn die Konsequenz im Abbruch der Ausbildung besteht, so ist das also volle Absicht.

Kein Studierendenstatus, deshalb Leistung

Es gibt nun Situationen, in denen es gar nicht um Abwehr von Ausbildungsförderung durch die Hintertür gehen kann. Wenn BAföG-Leistungen "dem Grunde nach" ohnehin nicht zustünden, weil keine entsprechende Ausbildung betrieben wird, läuft die oben zitierte Gesetzesformulierung sinnvollerweise ins Leere, zum Beispiel bei:

  1. Beurlaubung vom Studium, solange Teilnahme an Veranstaltungen und Durchführung von Prüfungen ausgeschlossen sind,
  2. Aufhebung der BAföG-Förderung bei länger als drei Monate dauernder Krankheit oder Schwangerschaft/Geburt,
  3. Teilzeitstudium (offiziell von der Hochschule vorgesehen, nicht nur faktisch durchgeführt),
  4. Promotionsstudium, Gasthörerstudium, bestimmten studienvorbereitenden Sprachkursen und ohnehin
  5. bei Nichtstudierenden in der Bedarfsgemeinschaft von Studierenden.

Vertiefung zum Thema "Kein Studierendenstatus" (PDF)

Trotz Studierendenstatus Leistungen

Bei den Eltern lebende Studierende, die tatsächlich BAföG im Studium beziehen oder nur aus rechnerischen Gründen nicht beziehen oder noch auf ihren ersten BAföG-Bescheid warten, sind berechtigt, Leistungen nach SGB II zu beziehen. Allerdings wird dann das BAföG und eventuell eingehendes Kindergeld als Einkommen angerechnet, dazu am Beispiel genauer...

Zudem gibt es eine Ausnahmebestimmung in § 27 SGB II, welche den Bürgergeldbezug trotz Studierendenstatus ermöglicht:

  1. Die Mehrbedarfe bei Schwangerschaft ab der 12. Woche, für Alleinerziehung oder für kostenaufwendige Ernährung sollen bewilligt werden, wenn sie nach Einkommensanrechnung zustehen.
  2. Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt.
  3. Im Härtefall kann auf Darlehensbasis bewilligt werden, wenn eine atypische Lebenslage vorliegt und jede andere Alternative der Studienfinanzierung ausgefallen ist. Beispiele: Studierende mit Kindern, Behinderung/Krankheit und unerwarteter Ausfall einer vormals gesicherten Abschlussfinanzierung (§ 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II).
    Vertiefung zum Härtefallantrag (PDF)
  4. In § 27 Abs. 3 Satz 4 SGB II ist eine darlehensweise Überbrückungshilfe von einem Monat vorgesehen, sollte es bei Beginn der Ausbildung zu Zahlungsverzögerungen kommen. Diese Form spielt in der Praxis kaum eine Rolle.

Wie funktioniert die Berechnung ungefähr?

Die ausgezahlte Leistung ergibt sich, nachdem vom errechneten Bedarf das bereinigte Einkommen abgezogen wird.

Der Bedarf wiederum setzt sich zusammen aus

  • Regelbedarf (pauschale Beträge für jede zur Bedarfsgemeinschaft zählende Person zur Bewältigung von Ausgaben für Lebensmittel, Ersatzbeschaffungen, Transport usw.),
  • Kosten der Unterkunft (je nach Kommune gedeckelte Kosten für Miete, Heizung und Warmwasserbereitung),
  • eventuelle Mehrbedarfe für bestimmte Personengruppen (z.B. für Alleinerziehung, Schwangerschaft, kostenaufwändige Ernährung bei Krankheit) und
  • eventuelle einmalige Leistungen bei bestimmten Anlässen (nicht monatlich, z.B. Erstausstattung bei Geburt eines Kindes, Klassenfahrten von Kindern).

Daneben gibt es die "Bedarfe für Bildung und Teilhabe", die etwas aus der Reihe fallen, weil sie nicht direkt in die Leistungsberechnung eingehen.

Einkommen

Die Bereinigungsverfahren zu Einkommen und Vermögen würden an dieser Stelle eindeutig den Rahmen sprengen Vertiefung: Einkommensbereinigung speziell bei Studierenden (PDF).

Online-Rechner oder Beispiele?

Es gibt aber Bedarfsermittlungen, die recht einfach zu errechnen sind. Bei beurlaubten Studierenden im Single-Haushalt ist es deshalb verantwortbar, einen Online-Rechner zu nutzen, um hinreichend genaue Lösungen zu erzielen. Trotzdem sollte klar sein, dass Online-Rechner nicht in der Lage sind, jede kommunale Vorschrift zu Grenzen der Mietkosten zu kennen oder Sonderfälle zu erfassen. Gerade bei Studierenden mit Kind haben wir es mit Sonderfällen zu tun. Weil studierende Eltern im Falle von Alleinerziehung nur eine Teilleistung erhalten, ihre Kinder hingegen einen vollen Leistungsanspruch haben, ergibt sich ein Hybridhaushalt, der einfache Online-Rechner überfordert (Beispiel: Alleinerziehende mit einem Kind). Trotzdem kann am Aufbau der Leistungsermittlung eines Nichtstudierenden natürlich die Funktionsweise nachvollzogen und auch der Bedarf des Kindes recht genau bestimmt werden.

Hinweise zur Antragstellung

Hinweise zur Antragstellung (PDF)

Ausnahmefall: Bürgergeld im besonderen Härtefall als Darlehen trotz Studierendenstatus

Vertiefung zum “Besonderen Härtefall” (PDF)

Bei Fragen zum Bürgergeld von Studierenden des Nordwestens

Wende dich mit Fragen zum Bürgergeld gerne an den Studienfinanzierungsberater Heiko Groen. Du solltest allerdings an einer der Hochschulen des Nordwestens studieren (wollen).

Für Beratung außerhalb der Region Nord-West sind andere Studierendenwerke zuständig.

Heiko Groen
Studienfinanzierungs- und Sozialberatung

mit Schwerpunkt Sozialleistungen (insb. studentische Eltern), Jobben neben dem Studium, Übergänge…

Raum: A12 0-012 im SSC
Sprechzeiten: Mo 10.00 - 12.30 Uhr (ohne Termin); Di und Mi 10.00 - 12.30 Uhr; Do 14.00 - 16.00 Uhr

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