Alleinerziehende Studierende: Wohngeld versus Bürgergeld

Ein notwendiger Kommentar vorweg:

Leider ist die sozialrechtliche Situation bei der Gruppe, die am meisten Unterstützung braucht, am kompliziertesten. Das ändert sich im folgenden Beispiel graduell, weil die erhöhten BAföG-Sätze einen Gang zum Jobcenter überflüssig machen und nur noch ein Zwei-Personen-Wohngeld neben Kindergeld und Unterhaltsvorschuss hinzutreten muss, um dafür genug Geld zu haben.

Es bleibt trotzdem der Aufwand, für drei Sozialleistungen zusätzlich zum BAföG Anträge zu stellen und zeitintensiv zu betreuen, wobei diese teilweise aufeinander Bezug nehmen, was zu Verzögerungsketten führen kann. Neben der Kinderbetreuung tritt somit ein weiterer Zusatzaufwand, welcher das Leben erschweren kann.

Alleinerziehende (28 Jahre alt), ein Kind (5 Jahr alt): Die Studentin erhält 227 € Unterhaltsvorschuss für das Kind, 255 € Kindergeld für das eigene Kind, keinen Ausbildungsunterhalt von den Eltern und 1152 € BAföG-Leistungen. Sie ist selbst krankenversichert und zahlt 141,25 € monatlich. Ihre Warmmiete sei 670 €, wobei sie Warmwasser nicht mit Strom, sondern über die Heiztherme erzeugt (Heizung: 80 €, Strom: 40 €).

Ergänzend soll nun Wohngeld berechnet werden. Grundsätzlich haben Studierende keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Wohngeldgesetz. Weil der Beispielhaushalt aber nicht ausschließlich aus Studierenden besteht, wirkt die Ausschlussregelung des Wohngeldrechts nicht (Hintergrund). Dadurch wird der Gesamthaushalt potentiell wohngeldberechtigt.

Für die Wohngeldermittlung ist die Zusammensetzung des BAföG-Bedarfs wichtig:

160 € Kinderbetreuungszuschlag nach § 14b BAföG

475 € Grundbedarf +

137 € KV/PV-Pauschale +

380 € Wohnenkostenpauschale +

1152 € Summe (davon 992 € ohne Zuschlag)

In die Wohngeldberechnung darf der Kinderbetreuungszuschlag des BAföG nicht einbezogen werden. Die restlichen 992 € sollen in diesem Beispiel zur Hälfte Zuschussleistung sein. Im Wohngeldrecht werden Darlehen nicht als Einkommen verstanden, außerdem gibt es eine Sonderegelung, die nur die Hälfte der Zuschussleistung für anrechenbar erklärt: 992 € / 4 = 248 €
Weitere 10% werden für Krankenversicherung pauschal abgezogen: 248 € x 0,9 = 223,20 €
Das Kindergeld für das eigene Kind wird gleichfalls nicht angerechnet, allerdings der Unterhaltsvorschuss: 227 €
Die Summe wird um einen Freibetrag für Alleinerziehung reduziert: 450,20 € - 110 € = 340,20 € (A)

Auf der Seite der Miete wird die Obergrenze von 643,80 € (Stand: 2025) nicht erreicht, womit dann die tatsächlichen Bruttokaltkosten von 550 € (B) in die Wohngeldberechnung eingehen können.

Im vereinfachten Wohngeldrechner des Bundesministeriums (dort weiterführendem Link folgen!) müssten dann die Werte (A) und (B) sowie Mietstufe IV (Oldenburg) eingesetzt werden. Das Ergebnis sollte 538 € Wohngeld sein (Stand: 2025).

Die kurze Antwort: Das Wohngeld reicht aus.

Die Idee in der Berechnung unten ist, dass Studierende und das Kind in zwei Spalten nebeneinander gestellt werden. In jeder Spalte kommt erst der Bürgergeld-Bedarf und darunter wird das Einkommen der Person nach den Bestimmungen des SGB II ermittelt und dies dann vom individuellen Bedarf abgezogen. Die Endergebnisse kommen dann in einen Topf: Wenn in der Summe dann mehr Einkommen als Bedarf vorliegt, ist Wohngeld besser als Bürgergeld.

 

Studierender ElternteilKind

202,68 € Mehrbedarf Alleinerziehung +

563,00 € Regelbedarf +

315,00 € Wohnkosten (ohne Strom)

1080,68 € Bedarf

357 € Regelbedarf +

315 € Wohnkosten (ohne Strom)

672 € Bedarf

Einkommensbereinigung:Anrechnung Kindeseinkommen:

160,00 € Kinderbetreuungszuschlag
keine Anrechnung (a)

992,00 € verbleibende BAföG-Grundleistungen +

269,00 € Wohngeldanteil Mutter

1261,00 € Zwischensumme

-100,00 € Studienkostenpauschale (b)

-141,25 € Abzug Krankenversicherung (c)

1019,75 € Anrechenbares Einkommen

255,00 € Kindergeld

227,00 € Unterhaltsvorschuss (2025)

269,00 € Wohngeldanteil Kind

751,00 € Anrechnenbares Einkommen

Unterdeckung des Bedarf: 60,93 €Überschuss über Kindesbedarf: 79,00 €
Gesamtergebnis: 79 € - 60,93 € = 18,07 € mehr durch Wohngeld

Fußnoten:

(a): Der Kinderbetreuungszuschlag soll weder bei den Mitgliedern der Bedarfgemeinschaft (hier das Kind) noch auf den Mehrbedarf für Alleinerziehung angerechnet werden, wird hier also nicht berücksichtigt (Rechtsgrundlage: § 14b Abs. 2 BAföG, auch erwähnt in § 11a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II).

(b): 100 € als Pauschale gemäß § 11b Abs. 2b Satz 4 und 5 SGB II

(c): Pflichtversicherungsabzug in tatsächlicher Höhe gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Auf Pflichtversicherungen dürfen Pauschalierungen nicht angewendet werden, weil diese nur § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3-5 SGB II betreffen, nicht aber Nr. 2 der Vorschrift.